Dienstag, 5. Juli 2011

Facelifting


Das Kopfschütteln über manche Jugendsünden geht weiter …


Ganz tief unten im Dosenboden versteckt sich auf einem - auch im wahrsten Sinne des Wortes - "fettem" Kittball eine flache Stufe mit feinen Calcit-Rhomboedern, die aus einem Natrolith-Nadelrasen hervorschauen. Die Stufe sammelte ich im Frühjahr 1983 im Steinbruch Roßberg bei Roßbach im nördlichen Odenwald. Die anschließende Montage diente wohl nur schnell zum Schutz der Kristalle; die Stufe selbst, bei der im Übrigen die Calcite unter langwelligem UV-Licht kräftig gelb fluoreszieren, kommt nicht zur Geltung. Das Betrachten von der Seite ist durch die tiefe Montage im Deckel stark behindert. Der Aufkleber lässt die Schrift der alten Apotheker-Schreibmaschine stark durchscheinen. Ein spannender Kontrast fehlt. Kurz: Der ästhetische Gesamteindruck lässt zu wünschen übrig, vgl. Abb. 1 und 2. 



Abb.1: Originalzustand

Abb.2: Wie habe ich die empfindliche Stufe nur in den Kittball gedrückt ohne etwas zu zerstören? Rätselhaft ...



Abhilfe muss her! So habe ich die Stufe innerhalb einer Minute ein wenig attraktiver gestaltet:

Abb.3: Zunächst die Stufe mit der Pinzette vorsichtig herausziehen.
























Abb.4: Die Dose war noch in Ordnung. Ein schwarzer, selbstklebender Boden als Kontrast zur weißen Stufe wird eingebracht. (Siehe auch hier).
Abb.5: Der Kitt wird vorsichtig von der Stufe gelöst, Reste ggf. abgeschabt. Erstaunlicherweise war der Kitt noch hochelastisch: er wird unter vielen(!) Tauschstufen "recycelt"… Bloß weg mit dem Zeug!

Abb. 6: Einer meiner Lieblingssockel:  Ein 12 mm hoher Abstandshalter aus dem Elektronikbereich, schwarzer Kunststoff mit seidenmatter Oberfläche, mit einem Hauch von Sekundenkleber (flüssig) am Boden befestigt.
Abb.7: Fast fertig. Die obere Ringfläche der sog. "Distanzrolle" wird mit Sekundenkleber (Gel) betupft. Ein wenig Anblasen, Stufe langsam aufsetzen und zum Trocken/Abdampfen zur Seite stellen. Mindestens zwei Tage offen (belüftet, aber staubgeschützt) stehen lassen, damit sich die Kleberdämpfe nicht auf der Stufe absetzen!
Abb.8: Das soll genügen. Sicherlich wäre ein Anschrägen (vielleicht 20-30°) der oberen Sockel-Auflagefläche einer optimierten Präsentation förderlicher, damit die Stufe nicht horizontal und somit etwas "dröge" daherkommt. 




Aber nicht nur meine alten Eigenkreationen bedürfen eines kräftigen "Faceliftings". Auch einige Stüfchen, die ich 1984 bei einem bekannten Saarländer Mineralien-Händler erwarb, wiedersprechen jeglicher Micromount-Kultur und sehen einfach nur hässlich aus. Damals war mir das anscheinend egal, heute nicht. Auch hier muss Abhilfe her:

Abb.9: Kleinstufe aus Richelsdorf, Hessen. Ein viel zu großer Hinweis-Pfeil zeigt irgendwo auf die Matrix, aber nicht auf die Weilit- und Guerinit-Kristalle.


Abb.10: Die Stufe versinkt geradezu im Kitt. Vielleicht war dieser als "Transportsicherung" beim Versand gedacht. Weg damit!
Abb.11: Nach der Demontage





















Abb.12: Abgelöst. Man beachte die Größenverhältnisse.














Abb.13: Neuaufbau, wie bei Abb. 4 und 6. Das frische Sekundenkleberbett wartet schon.























Abb.14: Passt. Sieht auch entschieden besser aus – finde ich. Der Hinweispfeil wurde konsequent entfernt; entweder ich setze für jede Mineralart einen gesonderten Pfeil, oder gar keinen.



Auch andere Mikromineral-Stüfchen sind umgezogen bzw. wurden neu positioniert. Meistens steckten die winzigen Proben am Dosenboden in einem dicken Kittbett, nur von oben zu betrachten. Ein kleiner Sockel allein hilft hier oft, die Mikrominerale ein wenig weiter ins rechte Licht zu rücken und deren Besonderheit hervorzuheben.

Zum Abschluss zwei weitere kreative Lösungen weit abseits der nordamerikanischen "Definition" von "echten" Micromounts. Egal, erlaubt ist was gefällt und Spaß macht:

Abb. 15: Montage auf einer Senkschraube M4x8. Mit einer Kalt-Brünierung sehe das etwas edler aus.


Abb. 16: Montage auf einer Kabelendhülse.

























Nur Mineralproben, deren Gesamthöhe größer als 12 mm ist, setze ich noch in ein Kittbett, denn da lohnt kein Sockel. Allerding auch nur, wenn man hinterher vom Kitt kaum noch etwas sieht. Alle anderen – und das ist die Mehrzahl meiner Stufen, die auf eine Montage warten – klebe ich nur noch. Kitt? Nein Danke.

Frohes Schaffen allerseits
wünscht
Micromounter



4 Kommentare:

  1. Tag auch,

    und derjenige, der das irgendwann mal eintauscht, kriegt die Stufe nicht schadlos wieder ab... Ich ärgere mich jedes mal über gekleisterte Stufen. Gibt ja auch Leute, denen sowas nicht gefällt. Aber gut, ist vielleicht zu weit gedacht.

    MFG

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  2. Hallo und Danke für Deine Meinung.

    Ich denke, die Meinungsverschiedenheiten zwischen "Kitter" und "Kleber" sind fast so alt wie das Micromounting selbst. Beide Befestigungsmöglichkeiten haben ihre Vor- und Nachteile, die jeder für sich selbst abwägen muss. Allerdings habe ich bislang kein Tauschmaterial zurückgewiesen, dass entweder unklösbar verklebt wurde oder im Kitt "ersoff". Im Gegenzug hat auch noch kein "tradioneller Micromounter" gemeckert, wenn ich gekittete Stufen angeboten habe, oder Sammler wie Du/Sie meine geklebten Stufen nicht wollten. Für alle Seiten war doch stets das Mineral bzw. der Kristall die Hauptsache, egal wie der montiert wurde.

    Ich gehe beim Tauschen übrigens seit geraumer Zeit dazu über, den Sammlern nur noch "Rohmaterial" anzubieten und ihnen selbst das Montieren und Beschriften zu überlassen. Da kann dann jeder machen, was er möchte.

    Micromounter

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  3. Hallo,

    das ist löblich. Und du hast sicher recht.

    LG

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  4. Für mich ist das Kleben auch nicht sooooo befriedrigend. Zeig' mir einen Kitt, der 100% fett- und ölfrei ist und die Stufen auch nach 30 Jahren nicht mit einer Schicht überzieht bzw. nicht in das Gestein eindringt. Dann kitte ich auch wieder meine Mikromineralien! "Echte", traditionelle Micromounts, wie sie die Amerikaner lieben, kann man ohnehin nicht kitten. Da ist Kleben angesagt.

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