Sonntag, 4. September 2011

Kittentfernung


Viele meiner Mineralproben sind (noch) mit Kitt befestigt. Obwohl die Stufen bei annähernd identischen Bedingungen gelagert wurden, haben sich im Laufe der Zeit (> 10 Jahren) die Eigenschaften des Kitts nachteilig geändert: Mancher ist heute "steinhart" und läßt sich nur in kleinen Bröseln unter hohem Risiko einer Beschädigung der Stufe entfernen. Mancher blieb elastisch und frisch, zeigt aber unansehnliche Verfärbungen. Einige müffeln extrem, wenn man die Mikromineraldose öffnet. Ganz wenige Kittstücke wurden sogar "weicher" und schmieren. Öfters sind Verfärbungen der Matrix am Kontakt zum Kitt zu erkennen, da der Kitt wohl doch nicht so fett- bzw. ölfrei zu sein scheint, wie der Handel es verspricht. Abhilfe muss her!
Interessanterweise zeigt der Kitt unter vielen Doubletten, die mit dem selben Material fast zeitgleich montiert und später nebeneinander gelagert wurden, völlig unterschiedliche Veränderungen.

Zum Glück habe ich von Anfang an äußerst hochwertigen "Micromount-Kitt" eingesetzt, diesen sehr sparsam verwendet und Lieferant sowie Fabrikat seit über 30 Jahren nicht gewechselt, so dass meine Sammlung unter den Alterungsprozessen des Kitts zwar sichtbar, aber noch nicht so dramatisch gelitten hat.
Im Gegensatz dazu stehen viele eingedoste Mikromineralstufen, die ich getauscht oder geschenkt bekommen habe. Zunächst stelle ich immer wieder fest, dass bei den Kittmengen pro Stufe extrem übertrieben wird. Riesige Kittklumpen, in denen die Stufe "ertrinkt", widersprechen ästhetischen Ansprüchen an eine Mikromineralstufe. Zudem steigt proportional die Menge an Fetten/Ölen, die in die Matrix "wandern" kann. Vielleicht taugte auch die Haftfähigkeuit des Kittes nicht viel.
Es ist erschreckend, was manche Sammler zum Befestigen ihre kleinen Schätze benutzt haben. Im warsten Sinne des Wortes "bunt" treiben es vor allem viele Sammler in Nordamerika und in den angel-sächsischen Staaten: knallgelb, kreischend hellblau, tief schwarz.
Nicht selten schmieren diese Kitte. Löst man das Kittbett, ziehen sich Fäden (s. Abb.), manchmal bis Unterarmlänge. Die Entfernung gestaltet sich äußerst schwierig. Igitt.

Ganz dramatisch sieht es aus, wenn minderwertiger oder für einen anderen Einsatzfall vorgesehener "Kitt" vorliegt, der für eine glänzend-speckige, die gesamte Stufe überziehende Schicht aus Fett bzw. Öl, das in alle Poren eindrang, verantwortlich ist. Besonders Stücke aus alten Sammlungen sind davon stark betroffen und scheinen für immer verloren.

Also: Weg mit dem Kitt (und seiner Spuren) – dauerhaft!

Abhilfe
  1. Prüfen Sie, ob sich die Rettung des Stüfchens lohnt. 
  2. Lösen Sie das Stüfchen vorsichtig ggf. mit Hilfsmitteln (Schaber, kleiner Schraubendreher u.a.) vom Dosenuntergrund.
  3. Entfernen Sie den auf der Stufe anhaftenden Kitt so gut wie möglich mit mechanischen Mitteln. Hierzu gehören kleine Stichel, Feinmechaniker-Werkzeug, Zahnstocher u.v.a.m.
  4. Entsorgen Sie den Kitt. Prüfen Sie, ob Sie vielleicht den Dosenboden erneut benutzen können.
  5. Stellen Sie die Stüfchen vorsichtig in ursprünglicher Montagerichtung (Kittreste nach unten) auf dem Boden eines luftdicht zu verschließendes Glasgefäß. Dieses sollte eher flach sein und eine große Öffnung aufweisen. Ich verwende hierzu 50-ml-Marmeladenprobegläser.

Kittentfernung:
  • Gießen Sie in das Glasgefäß vorsichtig und langsam am Rand ggf. mit Hilfe einer Pipette oder Spritzflasche eine ausreichende Menge Waschbenzin (Petroläther). Es reicht es aus, wenn die Kittreste durch das Lösungsmittel bedeckt sind; es ist nicht nötig, das komplette Stüfchen im Waschbenzin einzutauchen.
  • Schon nach wenigen Sekunden werden Sie eine Trübung des Waschbenzins feststellen. Das sind die Reste Ihres ekligen Kitts, der aufquillt. Ein Einlegen über Nacht reicht meistens aus.
  • Entnehmen Sie die Stufe aus dem Gefäß. Etwaig noch anhaftende Kittreste entfernt man mit einer weichen, ausrangierten Zahnbürste mühelos.
  • Schwenken Sie die Stufe anschließend für eine kurze Zeit in frischem Waschbenzin. Abtropfen lassen und ggf. unter Wasser abspülen.
  • Auf saugfähiger, fusselfreier Unterlage trocknen lassen.

Fettfilmentfernung:
  • Gießen Sie in das Glasgefäß vorsichtig und langsam am Rand ggf. mit Hilfe einer Pipette oder Spritzflasche soviel Waschbenzin, bis das Stüfchen komplett bedeckt ist.
  • Lassen Sie Ihr Stüfchen mind. 24 Stunden im Waschbenzin baden.
  • Entnehmen Sie die Stufe aus dem Gefäß.
  • Weiter wie bei "Kittentfernung"


Ein typischer Fall:
Zu viel und zu schlechter Kitt hat seine Spuren auf der Stufe hinterlassen.
 

Hinweise:
Ich habe mit Waschbenzin meine besten Erfahrungen gemacht.  Zur Zeit verbrauche ich mehr Waschbenzin als Salzsäure (zum Freilegen der Minerale) … Aus Kostengründen kaufe ich es im Sonderpostenmarkt beim Autozubehör und nicht in der Apotheke.

Zum Waschbenzin gibt es Alternativen, die bei manchen Sammlern ebenfalls gut funktioniert haben: Manche schören auf Bio-Entfetter (auf Orangenöl-Basis), Brennspiritus, Aceton, Chloroform oder Dichlormethan. Daneben gibt es im Handel Fertig-Öl- und Fettentferner (für Steine, Fliesen, Fugen). Auch diese können ihren Zweck erfüllen, sind aber meistens sehr teuer.
Chloroform ist nicht "frei verkäuflich". Der Erwerb wird heute fast unmöglich sein. Glücklich kann sich schätzen, wer noch kleine Reste besitzt. Die Problematik von Dichlormethan sollte bekannt sein, wenn nicht: lesen Sie sich vorher schlau, z.B. hier oder besonders hier. Im Internet kosten 0,5 Liter fast 17,-- Euro (zzgl. Versand). Dafür ist dieses Lösungsmittel das wirksamste!

Mit Brennspiritus und Aceton habe ich keine befriedigenden Ergebnisse erzielt.

Das Spülen unter Wasser sollte bei wasserlöslichen Mineralien natürlich unterbleiben (s. oben). Kupferhaltige Minerale sollten mit dieser Methode nur nach Probieren mit Abfallstücken behandelt werden, denn diese haben sich bei mir hin und wieder verfärbt: Wenige Malachite haben die typischen Farbe von Chrysokoll angenommen ... Auch von Eintrübungen (z.B. bei Cuprit) ist zu lesen. Vorsicht hier also.
Zeolithe haben diese Prozedur bei mir unbeschadet überstanden.

Übrigens:
Waschbenzin ist ein probates Reinigungsmittel für wasserlösliche und haarförmige Minerale.
Auch zum Entfernen/Anlösen meiner mit braunem Pattex-Kleber befestigten Einkristalle (siehe hier) hat es sich sehr bewährt.


Warnhinweis:
Die genannten Stoffe können gefährlich und auch gesundheitsschädlich sein. Lesen Sie vor Gebrauch unbedingt die Verarbeitungshinweise und die Sicherheitsdatenblätter. Dämpfe nicht einatmen. Arbeiten Sie nicht in geschlossenen Räumen bzw. sorgen Sie für eine ausreichende Dauerbelüftung. Bei Dichlormethan sollte man weitere, persönliche Schutzausrüstungen verwenden! Nicht rauchen. Jegliche Zündquellen fernhalten. Entsorgen Sie die Chemikalienreste nicht im häuslichen Abwassersystem!

Viel Erfolg!

Micromounter
micromounter@public-files.de




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