Menno, schon wieder eine Pleite … aber der Reihe nach.
Im Anhang des sehr zu empfehlenden Buch „Historischer
Bergbau im Harz“ von Dr. Wilfried Liessmann (3. Aufl., 2010) befindet sich eine
sehr brauchbare Auflistung „Besucherbergwerke sowie montan- und wirtschaftshistorisch
interessante Museen, Sammlungen und Einrichtungen im Harz“. Der Eintrag unter
dem Stadt-
und Heimatmuseum liest sich eigentlich sehr verheißungsvoll:
„Schwerpunkte: Geschichte der
Kaiserstadt Goslar, insbesondere des Mittelalters, Sozialgeschichte zum Leben
der Bergleute, große Mineraliensammlung; und eine 2007 eröffnete Ausstellung
zum Geopark Harz: „Die klassische Quadratmeile der Geologie“.
Große Mineraliensammlung – sehr schön; genau, wonach ich
gesucht habe. Nachdem auch einige seriöse Goslarer Internetseiten bestätigten,
das Goslarer Museum zeige „umfangreiche Sammlungen zu Geschichte und
Kunstgeschichte der Stadt und zur Geologie und Mineralogie der Region“, stand
(m)ein Besuch auf dem Programm. Eine bald endende Sonderausstellung mit
detailgetreuen Stahlstichen des Harzer Künstlers Wilhelm Ripe sorgte dafür, dem Museum einen früheren Besuch abzustatten als eigentlich
vorgesehen (Februar 2012).
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Altstadt von Goslar
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Irgendwann - nach etlichen Fehlversuchen - habe ich das
Museum, das in einer 1514 erbauten Stiftskurie und einem angrenzenden
Fachwerkhaus von 1510 untergebracht ist, gefunden. Eine gute, schon weiter vom
Objekt entfernte Ausschilderung sucht man leider vergebens. OK, wenigstens
hatte ich dabei die Gelegenheit, einige sehr malerische, verwinkelte Ecken in
der sehenswerten und zum „UNESCO
Weltkulturerbe“ erklärten historischen Altstadt entdecken zu können, was ich
nicht bereut habe.
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Museums-Vorplatz (Febr. 2012)
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Meiner Vorfreude auf die Mineraliensammlung wurde schon an
der Kasse am Eingang ein Dämpfer aufgesetzt. Ziemlich barsch wies man mich mit
Blick auf das unter den Arm geklemmte Fotostativ darauf hin, dass das
Fotografieren im Museum strikt verboten sei. Den Spruch, den ich im Museum
Salder (Salzgitter | siehe hier)
entgegnet habe, ließ ich hier eher sein, drückte der ohnehin missmutigen
Kassenwächterin mein Stativ zur Aufbewahrung in die Hand und zog durch die
Räume. Die Sonderausstellung mit den Landschaftsmotiven des Harzes (auch zum
Bergbau- und Hüttenwesen) war lohnend; nach Geschichte und Kunstgeschichte der
Stadt und seiner Bewohner mit einigen kulturhistorisch bedeutenden Exponaten war
mir an diesem Tag nicht so. An allen Ecken und Kanten angebrachte
Überwachungskameras, deren Bilder ihren Weg zu einer wahren Batterie an
Monitoren in einem Nebenraum fanden, trübten darüber hinaus extrem das Ambiente
und den Museumsbesuch. Selten habe ich mich durch so eine Vielzahl von Kameras
überwacht und – im Nachhinein gesehen – durch die Räume gehetzt gefühlt.
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Exponate zum Thema Erzverhüttung im frühen Harz
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Im zweiten Obergeschoss des „Hinterhauses“, das man über
einen kleinen Hof erreicht, wurde ich irgendwann fündig: Ah, die ersten Steine!
Fossilien …. viele Fossilien. Schön stratigrafisch geordnet. Ca. 5600 Exponate
bilden die Dauerausstellung "Die Fossilien der
Klassischen Geologischen Quadratmeile". Für
Hobby-Paläontologen sind die Vitrinen sehr gut geeignet, die eigenen Funde zu
bestimmen, auch wenn hin und wieder einige Stücke munter und ziellos durch die
Auslagen gekullert sind.
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Zwei Exponate der Ausstellung regionaler Fossilien |
Oh: An der Stirnseite zwei größere Mineralien-Stufen! Endlich.
Das müssen die „Appetizer“ zum zweiten Raum im Obergeschoss sein, dachte ich,
denn in einem ausliegenden Museums-Flyer
wird dieser (und die Mineraliensammlung darin) erwähnt. Nur die Tür zum
Nebenraum war geschlossen. Das Schild an der Tür zeigte an, dass sich hinter
der Tür keine Mineralien-Ausstellung befindet. Habe ich einen Raum übersehen?
Ein kurzer Rundgang durch die Häuser brachte schnell die Erkenntnis, dass hier nicht das im Vorfeld und aktuell
Beworbene und Beschriebene zu sehen sei. Nichts mehr … nur wenige Stufen, deren
Anzahl man an den Händen abzählen kann. Hier mal ein Beispiel:
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Stufenbreite ca. 40 cm
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Vom Rest: Fehlanzeige? Nur der antiquarische Flyer, ein
alter, teilweise falscher Plan liegt noch herum. Auf meine Frage an die Damen
an der Kasse bzw. im Museumsshop, wo denn die Mineralien sind , von denen in
aktuellen Publikationen, im Internet und sogar auf eigenen aktuell ausliegenden
Broschüren geschrieben wurde, kam neben verdruckstem Achselzucken eine Art geschwollener
„Bläh-Text“ hervor, den man schlicht und ergreifend mit „keine Ahnung“
übersetzen muss. Kurz vor Schließzeit das Stativ geschnappt und enttäuscht ab
nach Hause – nein: eher stark verärgert. Den im Shop angebotenen kleinen Sonderdruck
mit den Ripe-Werken fand ich zwar recht schön, aber extrem überteuert und ließ
ihn liegen.
Auf der Rückfahrt fiel mir ein, dass sich im Museum eigentlich
noch zwei andere Dauerausstellungen,
die sicherlich interessant sind und thematisch nicht weit von der Mineralogie
stehen, befunden haben sollen:
1. Ausstellung: „Die Klassische Geologische Quadratmeile im
Geopark Harz-Braunschweiger Land-Ostfalen“, zugleich Informationszentrum des
Geoparks;
2. Ausstellung: "Vom Erz zum Metall" (über
die Gewinnung von Metallen aus Erz im Harz)
Wo waren die nun? Der Gedanke an die beiden weiteren
Ausstellungen stand gegenüber der Mineralien-Ausstellung weit hinten an und ging
im Ärger vor Ort völlig unter, aber so völlig durch den Wind konnte ich nicht
gewesen sein. Kein Hinweisschild entdeckt (vielleicht ging es im Shop-Vielerlei
optisch unter).
Ich brauche nicht zu erwähnen, dass der Hinweis an der
Kasse/Information, man könne weitere Minerale in den beiden Daueraustellungen (in
den Obergeschossen des Stifthauses) sehen, in Zusammenhang mit meiner Frage
nach der Mineraliensammlung unterblieb
…
Ein Anruf im Museum am nächsten Werktag klärte auf, dass die
Mineraliensammlung nicht mehr gezeigt wird. Endlich einmal eine klare Aussage! Meine
weitere Neugier stillte später per Email dankenswerterweise der Vorsitzende vom
»Naturwissenschaftlichen Verein Goslar e.V.«, Herr
Zang:
Frage: Warum wird die
Mineraliensammlung nicht (mehr) gezeigt?
Antwort: Eine reine Mineralien-Ausstellung lockt heute keine Besucher in ein Museum, zumal die große Sammlung der TU Clausthal, mit der sich unsere nicht messen kann, nur wenige km entfernt zu sehen ist. Das Goslarer Museum kämpft ums Überleben.
Teile unserer Mineraliensammlung sind weiterhin ausgestellt in den modern gestalteten Themenbereichen "Klassische geologische Quadratmeile" (eröffnet 2007) und "Vom Erz zum Metall" (eröffnet 2011), beide in den beiden Etagen oberhalb des Eingangsbereiches.
Antwort: Eine reine Mineralien-Ausstellung lockt heute keine Besucher in ein Museum, zumal die große Sammlung der TU Clausthal, mit der sich unsere nicht messen kann, nur wenige km entfernt zu sehen ist. Das Goslarer Museum kämpft ums Überleben.
Teile unserer Mineraliensammlung sind weiterhin ausgestellt in den modern gestalteten Themenbereichen "Klassische geologische Quadratmeile" (eröffnet 2007) und "Vom Erz zum Metall" (eröffnet 2011), beide in den beiden Etagen oberhalb des Eingangsbereiches.
(Anm.: Tja, schön, dass man dieses hinterher auf
schriftliche Nachfrage erfährt)
F.: Wem steht die Sammlung zur
Verfügung?
A.: Den Mitgliedern,
sonst nur in Einzelfällen zu Forschungszwecken auf Anfrage
F.: Gibt es eine vollständige
Inventarliste der Min.-Sammlung?
A.: Ja
A.: Ja
F.: Was ist mit der Sammlung
zukünftig geplant?
A.: Das hängt von der Zukunft des Museums ab.
A.: Das hängt von der Zukunft des Museums ab.
F.: Warum erfolgen keine Hinweise
(auch im Internet), dass die Ausstellungen im Museum stark beschnitten wurden?
A.: Siehe oben und hier
F.: Gibt es digitale Bilder von der
Sammlung bzw. einzelnen Sammlungsstücken, die ich ggf. veröffentlichen kann?
A.: Nein.
Erwähnen muss ich noch, dass Herr Zang hausinternen Gründen meiner
„Pleite“ nachgehen und abstellen will. Vielen Dank dafür.
Der 1852 gegründete »Naturwissenschaftliche Verein Goslar
e.V.« gehört zu den Trägern des Goslarer Museums. Dazu gesellen sich noch die
Stadt Goslar sowie der 1905 gegründete »Museumsverein Goslar e.V.«
„Die übrigen im
Vereinsbesitz befindlichen Sammlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins
(Bibliothek, Insekten, Fossilien, Gesteine, Mineralien) sind heutzutage zumeist
in Magazinen untergebracht“, so die Internetseite des Vereins heute. Ich erlaube mir die Befürchtung auszusprechen,
dass diese Sammlungsstücke wohl kaum wieder „an die Öffentlichkeit“ treten
werden und „verloren“ sind. Mir ist keine Publikation bekannt, dass Stufen aus
der Sammlung des Naturwissenschaftlichen Vereins zeigt oder darauf Bezug nimmt.
Das ist insbesondere sehr schade, da die Mineraliensammlung angeblich schwerpunktmäßig auf den regionalen
Bergbau ausgelegt war und sich so ideal zu den Exponaten im Bergbaumuseum
Rammelsberg sowie der Geo-Sammlung der TU Clausthal (vgl. hier)
ergänzen würde. Wünschenswert fände ich es, die restlichen die Sammlungsbestände
in die TU-Sammlung zu integrieren. Zwar werden dann auch noch viele Stücke im
Dunkeln bleiben, aber einige sollten doch den Weg in die Vitrinen schaffen.
Platz genug wäre da ja.
Die obige Aussage, „eine reine Mineralien-Ausstellung lockt
heute keine Besucher in ein Museum“, hinterlässt bei mir einige Stirnfalten.
Irgendwann hat man sich ja dort entschieden, einen Großteil der Fossilien-Sammlung
öffentlich zu zeigen. Ich frage, ob denn eine reine Fossilien-Ausstellung (wie realisiert)
mehr Besucher in ein Museum lockt?
Ob sich der Besuch der beiden o.g. Dauerausstellungen für
Freunde der Geowissenschaften lohnt, kann ich leider aus geschilderten Gründen nicht
sagen. Extra deswegen fahre ich nicht nochmals nach Goslar, auch wenn mir wegen
der misslichen Umstände beim 1. Museumsbesuch ein kostenloser Zugang beim 2.
Anlauf telefonisch zugesichert wurde. Wenn ich im Raum Goslar wieder einmal
unterwegs bin und sich noch ein bisschen Zeit für das Museum in Goslar übrig
bleibt, werde ich vielleicht noch einmal hineinschauen und das Verpasste
nachholen. Allerdings nur dann, wenn diese Bereiche frei von Überwachungskameras
sind und ich uneingeschränkt fotografieren darf.
Halten Sie mich auf dem Laufenden und schreiben Sie mir Ihre
Eindrücke von dort.
Glück auf! Trotzdem. Irgendwie.
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