STRATEGIE: MINERALE-SAMMELN BEI NACHT
Einer meiner Sammelschwerpunkte liegt auf der Sekundärmineralisation von Pb-Zn-Cu-Lagerstätten, von denen es in Deutschland einige gibt. Das typische Nebengestein ist meist dunkelgrau-schwarzer Schiefer und Grauwacke. Als Gangart treten hierbei Quarz, Calcit, Dolomit, Baryt und Fluorit auf. Das Oberflächenbild der Berge- und Pochhalden alter Bergwerke gleicht sich, egal wo man sucht.
Die lange Sammelerfahrung schult das Auge, um in diesem grau-weißen Gesteinshaufen die höffigen Stücke herauszuklauben. Hierbei gilt es die Haldenoberfläche gezielt nach typischen Farben, Oberflächenkrusten und besonderen Verwitterungsformen abzusuchen, die eine bestimmte Sekundärmineral-Paragenese indizieren. Es ist eine hohe Konzentrationsaufgabe, gezielt nur diese Merkmale in den „geistigen Vordergrund“ zu stellen und die restlichen (störenden) Informationen, die im weiten Sichtfeld unserer Augen sind, „auszublenden“. Daraus resultiert eine hohe Fundleistung – definiert als Fundmenge im Verhältnis zur Zeit.
Allerdings, nach einigen Stunden ununterbrochener Suche lässt die Konzentration nach, die Funde werden weniger, auch wenn noch höffiges Material vorhanden sein mag. Lege ich eine „richtige“ Sammelpause ein, dann geht hinterher meist gar nichts mehr. Man ist übersättigt, findet nur noch wenig, die Aufmerksamkeit nimmt spürbar ab. Vielleicht kennen Sie das auch.
Es ist kein Geheimnis, dass viele alte Bergwerkshalden als abgesucht gelten. Meist sind sie es auch – oberflächlich bei Tageslicht betrachtet. Vieles wird übersehen.
Vor langer Zeit beabsichtigte ich, auf einer dieser typischen Halden nachts mit der UV-Leuchte nach fluoreszierenden Mineralien zu suchen. Das erwies sich aber als Reinfall, denn die leuchtenden Krusten von erdigem Hydrozinkit stehen nicht auf der Sammelliste eines Micromounters. Also, UV-Handlampe wieder eingepackt und die Halogen-Stirnleuchte aufgesetzt, mit der ich bis zum Einbruch der Dunkelheit gesucht, aber nichts Großartiges gefunden habe. Beim Einpacken des Werkzeuges leuchtete die Stirnleuchte ein eng begrenztes Gebiet in unmittelbarer Nähe meines Rucksacks aus - ein Gebiet, das ich im Tageslicht öfters abgesucht habe. Ich entdeckte im Lichtkegel erstklassiges Material mit sichtbarer Mikromineralisation und suchte weiter.
Pyromorphit. Grube Segen des Herrn, Köstenschmölz, Frankenwald, Bayern. Fund 1984. Bildbreite 2,8 mm. |
Zu meinem Erstaunen fand sich in kurzer Zeit viel höffiges, gutes Material, das ich bei Tageslicht nicht entdeckt oder schlicht übersehen hatte. Wie lässt sich das erklären? Ich habe zwei Antworten zur Auswahl:
- Kunstlicht lässt die Farben der Mineralien anders erscheinen. Das erlaubt eine andere Sichtweise als bei Tageslicht. Interessanterweise fielen mir die Stufen bei Halogen-Licht eher ins Auge als beim weiß-hellblauen LED-Licht, dass ich später auch noch ausprobierte. Die Farbtemperatur der Leuchte ist nicht unwichtig.
- Der Abstrahlwinkel des Lichtes bei Kunstlichtleuchten, z.B. Taschen- und Stirnleuchten, ist meistens sehr gering. Hierdurch wird nur eine kleine Fläche unmittelbar vor dem Auge ausgeleuchtet, der Rest bleibt im Dunkeln. Man muss sich auf wenig Material konzentrieren, viele Informationen, die es galt, bei Tageslicht „geistig auszublenden“, sind nicht vorhanden. Das begrenzte Sichtfeld erhöht so die Aufmerksamkeit , verlängert die Konzentrationsphase und somit die „Trefferzahl“.
Wem dem auch sei, die Suche auf totgesagten Bergwerkshalden bei Nacht unter Kunstlicht führte zu einer Vervielfachung meiner Fundleistung – vielleicht auch Ihrer. Einen Versuch ist es wert. Schreiben Sie mir Ihre Erfahrungen: micromounter@public-files.de
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