Montag, 1. November 2010

Was sind eigentlich Micromounts?




BEOBACHTUNGEN
Streift der Blick über die kleinen Mineralienstufen in manchen Privat-sammlungen, auf Mineralienverkaufsbörsen oder im Internet-Angebot, so erkennt man recht schnell, dass die Ansichten und Auffassungen über „Micromounts“ sehr weit auseinandergehen können.
Der Begriff „Micromounts“ wird hierbei recht extrem umgesetzt. Sehr oft kann ich nur den Kopf schütteln beim Betrachten der kleinen Plastikdosen, die mancher Zeitgenosse als „Micromount“ deklariert. Ein paar Beispiele:
  •  Nicht selten werden z.B. große Almandin-Einkristalle aus dem Tiroler Ötztal, die sich aus dem Glimmerschiefer herauslösten, oder lose Pyritwürfel aus Spanien in eine 25-mm-Dose gezwängt, um den Platz möglichst vollständig auszunutzen. Meist zerkratzt man die Dose beim Öffnen - wenn sich nicht sogar der Einkristall im Dosendeckel bzw. -boden verklemmt,  beim Anheben herauspurzelt und hart aufschlägt.
  • Manchmal werden eine Vielzahl kleiner lose Kristalle – z.B. Quarzkriställchen aus dem Lehm/Sand alpiner Klüfte oder von zertrümmerten Gangmaterialien auf alten Bergwerkshalden - ohne weitere Fixierung in die Plastikdose geschüttet. Diese Konstrukte erinnern eher an durchsichtige Sambarasseln als an Micromounts
  • Kleine Gesteinsfragmente versinken in einer Masse an Kitt direkt im Deckel und lassen eine allseitige Betrachtung nicht zu. Ganz „Clevere“ montieren die Stufe sogar im tiefen Dosenteil, auf dass man bloß nicht auf die Idee käme, die Ministufe von ihrer „Kittlast“ zu befreien und fachgerecht in einer anderen Plastikdose montieren zu wollen; eine Demontage geht meistens nur mit einer Beschädigung, wenn nicht sogar Zerstörung der Stufe einher.
  • Angaben zu Mineral und Fundort liegen dem „Micromount“ bei – allerdings als loser Zettel in die Dose geknüllt. Der Dosenboden zeigt dann nur die Überreste alter, unvollständig abgekratzter Etiketten und somit seinen unverwüstlichen Dauereinsatz in der Wiederverwertung.
Alle diese Beispiele entsprechen nicht der gängigen Definition eines Micromounts. Hier wird die Plastikdose nur als Staubschutz und praktischer, weil größennormierter Stauraum angesehen, die Mineralien nicht so präsentiert und behandelt, wie sie es eigentlich verdient hätten. Mineral in Plastikdose = Micromount - diese Gleichung geht nicht auf.

Goethit auf Quarz. Jaspisgrube Nunkirchen, Saarland. Fund 1982. Bildbreite: 5 mm.




LEO NEAL YEDLIN (1908-1977) 
Schenkt man unterschiedlichen Literatur- und Internetquellen seinen Glauben, dann war der bekannte US-amerikanische Mineralien-Sammler (und Micromounter) Leo Neal Yedlin maßgeblich an der Verbreitung und Popularität des Sammelns von Micromounts beteiligt; er gilt als der Wegbereiter und Impulsgeber dieser Sammelform, zunächst in den U.S.A., später auch in Europa. Der späte Neal Yedlin wird auch heute noch als the world's biggest Micromounter”, “Mr. Micromount” und a renaissance man of the mineral world tituliert.

Yedlin, geboren in New York als Sohn russischer Immigranten, begann schon im Kindesalter mit dem Sammeln von Mineralien. Nach seinem Umzug nach New Haven, Connecticut, in den 40’er Jahren des letzten Jahrhunderts verschrieb er sich zunehmend, später ausschließlich dem „Micromounting“ und Zusammentragen alter Mineralien-Sammlungs-etiketten. Er trat als freier Autor und beachteter Kolumnist in Erscheinung. Seine ca. 20.000 Stück umfassende Micromountsammlung vermachte er dem Smithsonian Institution. Neal Yedlin verstarb am 08. Oktober 1977.

Nur wenigen Amateuren wurde bislang die Ehre zuteil, dass ein Mineral nach Ihnen benannt wurde. Die herausragende Stellung der Persönlichkeit Neal Yedlin wird dadurch unterstrichen, dass nach ihm sogar zwei Minerale benannt sind : Nealite and Yedlinite. Er gehört nach webmineral weltweit zu den etwa 20 Personen, nach denen mehr als ein Mineral benannt und eingetragen ist.  In diesem kleinen Kreis befinden sich nur zwei Amateur-Sammler: Der Japaner Dr. Kin-ichi Sakurai (1912-1993) und Leo Neal Yedlin.

Mehr Informationen gibt es hier: BENTLEY, R.E. (1979) Neal Yedlin—a memorial. Mineralogical Record, 10, 231-237. 

Quarz. Parallel verwachsener Doppelender ("Schwimmer") auf Glaskapillare montiert. Grube Johannes der Täufer, Köstenschmölz, Frankenwald, Bayern. Fund 1980. Bildbreite 3,5 mm.



VERSUCH EINER umfassenden Definition

Ja, was ist denn nun ein Micromount?
Dem späten Yedlin wird die bis heute allgemeingültigste Charak-terisierung eines Micromounts zugeschrieben, die in unterschiedlich lautenden, aber recht aussagegleichen Zitaten veröffentlicht ist; er definierte ein Micromount als

'a natural mineral specimen, preferably in distinct crystals, permantly mounted,properly labeled, and requiring magnification for meaningful observation'
 oder

'mount anything that you want, provided it falls within the limits (how we dislike that word) defining a micromount - a natural mineral, in crystals,mounted, labeled, requiring magnification for proper viewing'.

Diese Definition ließe sich heute ergänzend, vielleicht etwas moderner, etwas präziser wie folgt übertragen:

Unter einem Micromount versteht der Amateur-Mineraloge und Mineralien-Sammler ein max. 15 x 15 mm großes, meist formatiertes Belegstück mit mindestens einem Mikromineral, vorzugsweise in ausgeprägten Kristallen, das zur sinnvollen Betrachtung ein optisches Vergrös-serungsinstrument bedarf, eigens hierfür dauerhaft und sicher auf einer Unterlage - typisch in einem transparenten 1“ (2.5 cm) Aufbewahrungs-döschen als Schutz vor Staub, Nässe, Verlust und unsachgemäße Berührung - so montiert ist, dass die gewünschte wesentliche Eigenschaft der Kleinst-Minerale zur Geltung kommt, sowie ordentlich bzw. passend mit Angaben zum Gegenstand und des Fundortes gekennzeichnet ist.
Micromount ist ein aus dem Englischen ins Deutsche übernommener Begriff, der aus den Wortteilen ‚micro‘ (= klein) und  ‚mount‘ (= montieren, befestigen) gebildet ist.

Die Charakterisierung „Natürliches“ Mineral habe ich hierbei weggelassen, da die Definition eines „Minerals“ durch die IMA / CNMMN (nicht nur) für mich bis heute äußerst unbefriedigend, widersprüchlich und inkonsequent ist.  Die Grenze der natürlichen zu anthropogenen Substanzen oder zu vielgestaltigen Neubildungen ist ebenso schwammig formuliert wie das Kriterium „geologischer Prozess“ als Voraussetzung einer (natürlichen) Mineralbildung. Dieses Thema möchte ich später in diesem Blog aufnehmen.

Selbstverständlich sollen alle Sammler von Thumbnails (kleinformatige Mikromineralstufen bis ca. 25 x 25 mm), von Toenails (ca. 30 x 30 mm), Miniaturen bis hin zu "Türstoppern" hier nicht vergessen werden.  

Schreiben Sie mir. 
Ich freue mich auf Ihre EMail: micromounter[at]public-files.de

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Micromounter